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Dr. Walter Döring, der frühere Wirtschaftsminister Baden-Württembergs, über das Erfolgsgeheimnis der mittelständischen Exportunternehmen. Döring ist Gründer der Akademie für Weltmarktführer, die ihren jährlichen “Gipfel” in Schwäbisch Hall veranstaltet.

Herr Dr. Döring, Sie analysieren und begleiten seit vielen Jahren die mittelständischen Weltmarktführer in Deutschland. Gibt es einige charakteristische Merkmale, die diese Unternehmen zum Erfolg geführt haben?
Die ca. 1 350 deutschen Weltmarktführer – weltweit gehen wir von 2 750 Weltmarktführern aus, für die USA von 370 – gehören zu etwa 70 Prozent dem Mittelstand an und befinden sich zu ebenfalls etwa 70 Prozent in der Hand von Eigentümerunternehmerfamilien. Dies sind zwei ganz entscheidende Alleinstellungsmerkmale hinsichtlich der hohen Prozentsätze wie sie sonst nirgends in der Welt anzutreffen sind. Von daher leiten sich weitere Besonderheiten ab, die für die herausragende Positionierung deutscher Weltmarktführer kennzeichnend ist: Diese deutschen Weltmarktführer verfügen über enorm hohe Eigenkapitalanteile von teilweise bis zu 80 Prozent und darüber, finanzieren damit Innovationen mit bis zu zweistelligen Prozentanteilen vom Umsatz für Forschung und Entwicklung, woraus sie überdurchschnittlich hohe Patente für ihre Unternehmen erreichen. Zudem sind sie es traditionell seit den Zeiten der deutschen Kleinstaaterei gewohnt, “über Grenzen hinweg” Geschäfte zu machen. Exportanteile von bis zu 90 Prozent sind keine Seltenheit mehr.
Hinzu kommen außergewöhnlich lange Mitarbeiterbindungszeiten; wer bei einem erfolgreichen mittelständischen Familienunternehmen arbeitet, identifiziert sich mit diesem Unternehmen und hat in der Regel keinen Grund zum Firmenwechsel.

Dr. Walter Döring

Was macht diese mittelständischen Unternehmen, die meist nicht in den Metropolen angesiedelt sind, auch international so erfolgreich?
Die deutschen Weltmarktführer haben ihre “Headquarters” zu nahezu zwei Drittel in der sogenannten Provinz. Nicht zuletzt daher kommt ja auch der von Hermann Simon geprägte Begriff der “Hidden Champions”. Dies ist oftmals ein Vorteil gegenüber einem Sitz in den Metropolen. In diesen eher “abgelegenen” Gegenden sind größere Mitarbeitertreue, Clusterbildungen, harter Wettbewerb mit Konkurrenten, die sich gegenseitig “in die Fenster schauen können” und nicht zuletzt die auch international “erweiterte Marktsuche” Antriebskräfte für globale Erfolge.

Welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten sehen Sie zwischen der amerikanischen und mittelständisch deutschen Unternehmenskultur?
Der deutsche Mittelstand mit seinen herausragenden Eigentümerunternehmen gilt weltweit als einzigartig: Die deutschen Eigentümerunternehmer denken längerfristig, setzen eher auf kontinuierliches Innovieren – “jeden Tag a bissle besser” – als auf den schnellen Erfolg, streben stets allerhöchste Produktqualität und weltweiten Top-Service an, sehen und fühlen sich für ihre Region verantwortlich und wollen in Generationen denkend – Nachhaltigkeit! – den Nachfolgern “geordnete Verhältnisse” übergeben. Und hinzu kommt: Sie besetzen Nischen, die von US-Firmen gar nicht besetzt werden, die diese gar nicht “auf dem Radar” haben. So ist die Breite der deutschen Weltmarktführer wesentlich ausgeprägter als die der US-Champions: Es gibt hier bei uns Weltmarktführer in Nischen wie Nähnadeln, Bucheinbandstoffe, Aromen und Duftstoffe, Blumenerde, Hühnerställe etc. Anders als aktuell im US-Wahlkampf deutlich wird, scheinen die deutschen Weltmarktführer sogar internationaler und globaler ausgerichtet zu sein, als ihre amerikanischen Kollegen und befürworten in hohem Maße das Transatlantischer Freihandelsabkommen TTIP.

Was können amerikanische und deutsche Weltmarktführer voneinander lernen und wie miteinander kooperieren?
Wir sollten TTIP verabschieden und danach zu mehr Gemeinsamkeit zum Beispiel bei Forschungsanstrengungen finden. Die USA sind aktuell der wichtigste Handelspartner der deutschen Unternehmen. Gemeinsam sollten wir uns mit unseren Wertvorstellungen gegen weite Teile des pazifischen Raums positionieren und bei allem notwendigen Wettbewerb das Gemeinsame betonen und hochhalten.