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Die Vernetzung der industriellen Produktion – dieser Aufgabe stellte sich die Weidmüller Gruppe schon lange bevor Industrie 4.0 zum weltweiten Stichwort dafür wurde. Der Vorstandsvorsitzende Dr. Peter Köhler erklärte 2016, wie sich das Unternehmen aus Detmold damit auf dem Weltmarkt positioniert.

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Dr. Peter Köhler, CEO Weidmüller Group

Connected Industries – wie ist das Kompetenzfeld der Weidmüller Gruppe zum beherrschenden Thema der HANNOVER MESSE geworden?

Wir freuen uns, dass Industrie 4.0 jetzt bereits zum vierten Mal zentrales Messethema ist. Das beschreibt einfach die Situation, in der wir in der Automatisierungstechnik heute sind. Hier sind neue Themenfelder an der Schnittstelle zwischen Produktion und Daten entstanden. Und genau dort ist Weidmüller seit vielen Jahren zu Hause und dort wollen wir weiter stark wachsen.

Die USA sind Partnerland der Messe. Wie ist Ihre Industrie 4.0-Strategie für Nordamerika?

Wir sind seit 1975 in den Staaten aktiv, seit den 2000er Jahren operieren wir in einer engen Kooperation mit Rockwell Automation. Bei der Smart Factory, wie Industrie 4.0 in den USA oft genannt wird, ist der gesamte NAFTA-Raum einer der wichtigsten Märkte überhaupt. Es freut uns, dass die innovative Internet-Nation USA nun Partnerland der HANNOVER MESSE ist. Firmen aus beiden Ländern arbeiten in ihren jeweiligen Initiativen, zum Beispiel der Plattform Industrie 4.0 oder dem Industrial Internet Consortium am Thema Standardisierung für die intelligente Produktion. Erfreulich ist, dass beide Initiativen nun auch eine Zusammenarbeit bei dieser Fragestellung angekündigt haben. Hier erwarten wir Impulse aus den Begegnungen in Hannover.

Wenn Sie an die Krise von 2009 zurückdenken, welche Rolle spielen die internationalen Märkte generell für Weidmüller beim Wachstum?

In Deutschland erzielen wir nur noch knapp ein Viertel unseres Gesamtumsatzes. In den letzten Jahren sind wir international extrem gewachsen – das gilt besonders für unser Geschäft in Asien, vor allem in China und Japan. In den nächsten zwei bis drei Jahren dürfte China unser größter Einzelmarkt werden und damit beim Umsatz auch Deutschland überholen. Auch wenn etwas weniger Wachstum in China prognostiziert wird, sind 6,5 Prozent auf der schon erreichten großen Basis ein enormes Potenzial für uns. In Japan sind wir in der Photovoltaik sehr stark gewachsen, dort bleiben nach Fukushima erneuerbare Energien im Fokus. Einer der wichtigsten Wachstumsmärkte neben China bleibt für uns Südostasien, wo unser besonderes Augenmerk dem riesigen Potenzial Indonesiens gilt.

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u-link-Fernwartung, der Weidmüller Group

Wie spüren Sie bei Weidmüller regionale Konjunkturbewegungen?

Wir haben uns manche Märkte dynamischer vorgestellt und sind anderseits positiv überrascht, wie sich wichtige Märkte nach Krisen entwickelt haben. In Brasilien, wo wir einen Joint-Venture-Partner übernommen haben, haben wir — wie viele andere auch – eindeutig höhere Erwartungen gehegt. Aber die aktuelle wirtschaftliche und politische Entwicklung hindert uns nicht, den gesamten südamerikanischen Markt im Auge zu behalten und von Brasilien aus zu entwickeln. Die Entwicklung in Russland und der Ukraine hat natürlich auch Weidmüller getroffen. Das weltweit rückläufige Öl- und Gasgeschäft spüren wir in mehreren regionalen Märkten, zum Beispiel auch am Golf. Auf der positiven Seite profitieren wir zum Beispiel die Reindustrialisierung in den USA und sehen, wenn auch von einem niedrigen Niveau aus, starke Wachstumsraten in Indien.

Wie sehen Sie die aktuelle Entwicklung in Europa?

In den letzten beiden Jahren hat sich Südeuropa erholt, vorneweg Spanien und Italien, die aus einer sehr tiefen Krise herausgekommen sind und wo wir nach 2012 wieder sehr gut wachsen. Zudem hat sich Osteuropa sehr positiv entwickelt. Hier spüren wir nachhaltig, dass sich wichtige Kunden etwa in der Automobilindustrie strategisch für diese Region als Produktionsstandort entschieden haben.

So hat sich die Diversifizierung auf verschiedene Märkte für Weidmüller also bewährt?

Ich würde das nicht Diversifizierung nennen, sondern hohe Marktdurchdringung in den für uns relevanten Märkten. Wir sehen noch viel Potenzial für uns weltweit, da es Märkte gibt, die wir noch für uns weiterentwickeln können. Mit unserem breiten Portfolio sind wir sowohl in den hochentwickelten industriellen Märkten der Welt wie in den zu entwickelnden Industrieländern gut aufgestellt. Das ist eigentlich keine Diversifizierung. Uns geht es darum, aufeinander aufbauende Kombinationen von einzelnen Komponenten in der Verbindungstechnik bis hin zu Industrie 4.0-Applikationen genau die Lösungen bereitstellen zu können, die in den Märkten jeweils gefragt sind.

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Infrastrukturbox der Weidmüller Group

Was bedeutet dieses globale Konzept für Organisation des Unternehmens?

Wir sind im Vertrieb regional organisiert. In den Regionen gibt es durchaus unterschiedliche Vorgehensweisen, je nachdem welchen Marktanteil wir dort oder in einem speziellen Land haben. Ganz sicher ist es so, dass wir unser gesamtes Portfolio, inklusive aller Lösungen auch bei Industrie 4.0, weltweit anbieten. Je nach technologischem Reifegrad der industriellen Märkte gibt es aber natürlich unterschiedliche Schwerpunkte. Da stellen wir uns sowohl bei den Vertriebsteams aber auch in der Entwicklung entsprechend auf. Wir haben die Entwicklung in China erheblich verstärkt. Mit der Übernahme in Brasilien haben wir auch dort die Entwicklung ausgebaut. In Singapur haben wir eine eigene Elektronik-Entwicklung aufgemacht. Die Strategie heißt dabei für uns: “Local for local” entwickeln und fertigen. Dabei müssen wir natürlich global vernetzt denken und uns selbst einem Wandel unterziehen, um die Märkte zielgenau entwickeln zu können. Das ergibt dann auch wesentliche Änderungen im Headquarter in Detmold: so gilt es, Projekte und Prozesse noch stärker auf internationale Märkte ausgerichtet von hier aus zu koordinieren.

Rekrutierung weltweit – wie machen Sie das?

In der Tat sind wir als mittelständisches Unternehmen im Wettbewerb um die besten Talente weltweit. Das machen wir aber zu einem Vorteil: Wer bei uns eingestellt wird, kann in einem Unternehmen arbeiten, das ihm sehr schnell viel Verantwortung gibt, und das flache Hierachien kennt. Eine entscheidende Rolle für die internationale Vermittlung unserer Unternehmenskultur und auch für die Bindung von Talenten an unser Unternehmen spielt die Weidmüller Akademie. Sie stellt ein umfassendes Angebot für die persönliche Weiterentwicklung unserer Mitarbeiter auch aus den Landesgesellschaften dar. Das ist eine strategische Herangehensweise, mit der wir unsere Werte und Kultur nachhaltig in die Unternehmensorganisation vermitteln können.