Seit geraumer Zeit hat sich die Geschwindigkeit, mit der im Rahmen der wirtschaftlichen Globalisierung Märkte erschlossen werden, drastisch erhöht. Global Sourcing bedeutet im Kern die systematische und weltweite Suche nach den besten Lieferanten und deren Einbindung in das globale Versorgungsnetzwerk des Unternehmens.
RONALD BOGASCHEWSKY UND HOLGER MÜLLER CFSM – CENTRUM FÜR SUPPLY MANAGEMENT GMBH
Während aus (isolierter) Beschaffungssicht zunächst die logis tische Umsetzung dieser Warenströme ins Auge fällt, wird bei Einnahme einer breiteren Sichtweise deutlich, dass ei ne enge Abstimmung der weltweiten Beschaffungsstrategie und der Gestal tung der Supply Chain mit der Stand ort- und Absatzstrategie unverzicht bar ist. Dies gilt umso mehr, wenn man berücksichtigt, dass in der Regel deut lich mehr als 50 % der Wertschöpfung eingekauft wird. Diese bereichsüber greifende, strategische Koordination kommt jedoch oftmals zu kurz. Zudem legt die Unternehmensleitung nicht selten fragwürdige Vorgaben fest, wie bspw. die Low-Cost-Country (LCC-)Quote kurzfristig auf bestimm te, nicht selten unrealistisch hohe Wer te hochzuschrauben, weil dies angeb lich der Best Practice in der Branche entspräche. Zwar können solche Vor gaben auch positive Motivationswir kungen entfalten, jedoch gilt dies kaum, wenn die Realität und der ein käuferische Sachverstand klar gegen die Umsetzung dieser Ziele sprechen. So drängt sich zeitweise der Eindruck auf, dass hier Führungsverantwortli che ein wenig dem „Beraterlatein“ auf gesessen sind.
TOTAL-COST-OF-OWNERSHIP
Dass bei aller Fokussierung auf Kosten einsparungen die einseitige Sicht auf die Einstandspreise zu betriebswirt schaftlich unsinnigen Entscheidun gen für oder gegen einen Lieferanten führen kann, scheint in vielen Unter nehmen mittlerweile erkannt worden zu sein. Unsicherheit besteht zumeist dahingehend, wie die so genannten „Total-Cost-of-Ownership“ zu berech nen sind. Letztendlich kann jedes Pro jekt durch Einbeziehung oder Vernach lässigung von Kostenbestandteilen schlecht- oder schöngerechnet werden. TCO-Analysen basieren auf der Überle gung, dass bei einer vollständigen Be wertung der Kosten eines Beschaf fungsgutes nicht nur der Einstands preis, sondern alle Kosten, die bei der Beschaffung, der Nutzung, der Wartung bzw. Instandhaltung und ggf. der Rück nahme anfallen, berücksichtigt wer den sollten. Zu beachten ist dabei, dass Kosten der Beschaffungsmarkterschlie ßung und Lieferantenrecherche den Charakter von „sunk costs“ bekommen, sobald das Geld ausgegeben ist, so dass diese bei der letztlichen Lieferan tenauswahl nicht nochmal in Anschlag verbundenen Aktivi täten. Die Aufzählung möglicher TCO Kostenbestandteile macht deutlich, dass die Gesamtkosten eines Beschaf fungsgutes viele Komponenten haben können. Insbesondere die der Transak tion nachgelagerten Kosten zeigen, wie drastisch sich die Vernachlässigung der Produktqualität auswirken kann. Die Kosten der Transaktion hängen nicht nur vom Einstandspreis, sondern we sentlich von der Qualität des Beschaf fungsgutes und der Qualität und Zu verlässigkeit des Transports durch den beauftragten Logistikdienstleister ab. Das beschaffende Unternehmen kann durch ein qualitativ hochwertiges Ma nagement des Beschaffungsprozesses bzw. der gesamten Wertschöpfungs kette zu einer deutlichen Senkung von Risiken und Kosten beitragen.
EINBEZIEHUNG ZUKÜNFTIGER ENTWICKLUNGEN
Problematisch bei der Bewertung mit tels eines TCO-Ansatzes ist, dass dieser in seiner „klassischen“ Form nur zeit punktbezogen die anfallenden Kosten misst bzw. abschätzt. Kunden-Lieferantenbeziehungen sind jedoch im Zeitablauf dynamischen Veränderungen ausgesetzt, sodass ei ne Vorteilhaftigkeit heute sich morgen schon ins Gegenteil wenden kann oder umgekehrt. Für eine fundierte Ent scheidung ist es demzufolge notwen dig, Chancen und Risiken zukünftiger Entwicklungen mit einzubeziehen. Somit ist zunächst systematisch zu er mitteln, welche Faktoren Einfluss auf die Supply Chain und die damit ver bundenen TCO haben. Die potenziel len Risiken (und die damit verbunde nen Chancen) sowie die bisher in dem Zusammenhang vorgesehenen Maß nahmen müssen dazu eruiert und in einem (Chancen- und) Risikokatalog zusammengefasst werden. Grundsätz lich sind dabei firmeninterne Risiken (z. B. Absatzschwankungen), Supply Chain-Risiken (z. B. Lieferanten indu zierte Risiken, Risiken der Sublieferan ten, Risiken der Logistikdienstleister) und externe Risiken (z. B. Naturkatast rophen, Handelsbarrieren, Wettbewer ber) zu berücksichtigen. Diese Risiken müssen nachfolgend bewertet und Maßnahmen zur Steuerung festgelegt werden. So kann bspw. durch Financial Hedging das Währungsrisiko ausge schlossen werden. Maßnahmen zur Risikosteuerung ver ursachen zuordenbare Kosten und können somit im TCO-Ansatz direkt berücksichtigt werden. Dabei muss man sich allerdings darüber im Kla ren sein, dass eine vollständige Risiko vermeidung in der Regel keine geeig nete Strategie darstellt, da dies prohi bitive Kosten nach sich ziehen dürfte. Unsicherheiten stellen zudem (negati ve, Kosten erhöhende oder Ertrag sen kende) Risiken einerseits und Chancen (positive Risiken, die entsprechend er folgssteigernd wirken) andererseits dar. Wie an der Börse, gibt es größere Erträge in der Regel nur in Kombinati on mit höheren Risiken. In jedem Fall empfiehlt es sich, ein systematisches Risikomanagement zu betreiben.
Seit geraumer Zeit hat sich die Ge-
schwindigkeit, mit der im Rahmen der wirtschaftlichen Globalisierung Märk-
te erschlossen werden, drastisch er-
höht. Global Sourcing bedeutet im Kern die systematische und weltwei-
te Suche nach den besten Lieferan-
ten und deren Einbindung in das glo-
bale Versorgungsnetzwerk des Un-
ternehmens. Während aus (isolierter) Beschaffungssicht zunächst die logis-
tische Umsetzung dieser Warenströme ins Auge fällt, wird bei Einnahme einer breiteren Sichtweise deutlich, dass ei-
ne enge Abstimmung der weltweiten Beschaffungsstrategie und der Gestal-
tung der Supply Chain mit der Stand-
ort- und Absatzstrategie unverzicht-
bar ist. Dies gilt umso mehr, wenn man berücksichtigt, dass in der Regel deut-
lich mehr als 50 % der Wertschöpfung eingekauft wird. Diese bereichsüber-
greifende, strategische Koordination kommt jedoch oftmals zu kurz.
Zudem legt die Unternehmensleitung nicht selten fragwürdige Vorgaben fest, wie bspw. die Low-Cost-Country-
(LCC-)Quote kurzfristig auf bestimm-
te, nicht selten unrealistisch hohe Wer-
te hochzuschrauben, weil dies angeb-
lich der Best Practice in der Branche entspräche. Zwar können solche Vor-
gaben auch positive Motivationswir-
kungen entfalten, jedoch gilt dies kaum, wenn die Realität und der ein-
käuferische Sachverstand klar gegen die Umsetzung dieser Ziele sprechen. So drängt sich zeitweise der Eindruck auf, dass hier Führungsverantwortli-
che ein wenig dem „Beraterlatein“ auf-
gesessen sind. TOTAL-COST-OF-OWNERSHIP
Dass bei aller Fokussierung auf Kosten-
einsparungen die einseitige Sicht auf die Einstandspreise zu betriebswirt-
schaftlich unsinnigen Entscheidun-
gen für oder gegen einen Lieferanten führen kann, scheint in vielen Unter-
nehmen mittlerweile erkannt worden zu sein. Unsicherheit besteht zumeist dahingehend, wie die so genannten „Total-Cost-of-Ownership“ zu berech-
nen sind. Letztendlich kann jedes Pro-
jekt durch Einbeziehung oder Vernach-
lässigung von Kostenbestandteilen schlecht- oder schöngerechnet werden. TCO-Analysen basieren auf der Überle-
gung, dass bei einer vollständigen Be-
wertung der Kosten eines Beschaf-
fungsgutes nicht nur der Einstands-
preis, sondern alle Kosten, die bei der Beschaffung, der Nutzung, der Wartung bzw. Instandhaltung und ggf. der Rück-
nahme anfallen, berücksichtigt wer-
den sollten. Zu beachten ist dabei, dass Kosten der Beschaffungsmarkterschlie-
ßung und Lieferantenrecherche den Charakter von „sunk costs“ bekommen, sobald das Geld ausgegeben ist, so-
dass diese bei der letztlichen Lieferan-
tenauswahl nicht nochmal in Anschlag