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Die Kontaktanbahnung und der Beziehungsaufbau zu chinesischen Lieferanten ist gerade in der Anfangsphase schwierig. Eine strukturierte Herangehensweise kann helfen, einige der klassischen Fehler im Umgang mit chinesischen  zu vermeiden und zu einem ersten Verständnis für die Kommunikation mit den neuen Geschäftspartnern aus dem Reich der Mitte beitragen.

Christian Geodel Sinalingua

Grundlagen

Unternehmen, die wenig oder keine Erfahrung mit chinesischen Lieferanten haben, nehmen oft das europäische Anspruchsdenken mit nach China. Man versetzt sich nicht in den lokalen Markt und dessen realen Gegebenheiten. Angesichts des rasanten Wirtschaftswachstums wird angenommen, in China gehe alles ganz schnell, einfach und unkompliziert. In vielen Bereichen ist dies auch korrekt. Für eine erfolgreiche und nachhaltige Beschaffung in China ist dies jedoch meist eine falsche Annahme.

Ein Einkauf in China sollte langfristig geplant werden und möglichst nicht dem quartalsbezogenen EBIT-Denken unterworfen werden. Halbjährige Lieferantenverträge sowie einmalige oder nur punktuelle Einkäufe lohnen meistens nicht und scheitern häufig, insbesondere bei technisch aufwendigen Produkten. Nach der von Geert Hosfstede, einem der Pioniere der interkulturellen Forschung, entwickelten Skala zur Zeitorientierung von Kulturen hat China 118 Punkte, Deutschland hingegen nur 31. Wir Deutschen („Zeit ist Geld!“) sind also eher kurzfristig orientiert, während man in China in größeren Zeitabständen denkt. Dies sollte man sich beim Aufbau von Geschäftsbeziehungen zu chinesischen Lieferanten immer wieder in Erinnerung rufen.

Die ersten Kontakte

Chinesen sind deutlich indirekter in Ihrer Kommunikation als Deutsche. Die Kontaktanbahnungen, die Auswahl und nicht zuletzt die Übermittlung technischer Details sowie eine permanente Qualitätskontrolle sind aufwendig und zeitintensiv. Daher sollte man bei kleinen Stückzahlen, insbesondere für Spezialprodukte, als erstes auch den indirekten Weg in Erwägung ziehen: Über Consultants bzw. Agenten vor Ort in China. Diese kennen den Markt, haben idealerweise ein breites Netzwerk und verfügen über die Manpower und Erfahrung, um gute Lieferanten zu finden.

Sollte man sich für lokal ansässige Consultants als Mittelsmänner entscheiden, sind deutsche bzw. westliche Consultants zu empfehlen. Die Kommunikation ist von Anfang an leichter und die Vertrauensbasis stärker.

Bei größere Volumen ist es das Beste, vor Ort einen oder mehrere Mitarbeiter zu installieren, die den Einkauf mit den Zuliefern koordinieren und kontrollieren. Bei einem eigenen Büro in China ist es empfehlenswert, ebenfall gleich zumindest einen deutschen Mitarbeiter aus dem Mutterhaus mit zu installieren oder bei einer rein chinesischen Besetzung gute Kontrollmechanismen einzurichten sowie regelmäßig die neue Dependance besuchen.

Sollte ein deutsches Unternehmen nur an kleinen Stückzahlen interessiert sein, sei es um erst einmal den Markt zu sondieren oder weil man derzeit tatsächlich nur projektbezogene Spezialanfertigungen benötigt, so kann man bei Lieferantenbesuchen z.B. das eigene Gesamtunternehmen mehr in den Vordergrund stellen. Auch kann man weitere Projekte unverbindlich in Aussicht stellen und auf eine, hoffentlich ernst gemeinte, langfristige Zusammenarbeit bei guter Lieferqualität verweisen.

Ist man selbst auf der Suche nach Zuliefern ohne über einen Agenten zu gehen, so lassen sich chinesische Zulieferer grob in drei Gruppen aufteilen:

1. Zulieferer, die nur für den Export produzieren und entsprechend hohe Standards in Ihrem Unternehmen fest verankert haben.

2. Zulieferer, die sowohl für den Export als auch den Binnenmarkt produzieren. Diese haben üblicherweise auch alle notwendigen Zertifizierungen, aber nicht unbedingt eine

gleichbleibend hohe Lieferqualität.

3. Zulieferer, die nur den Binnenmarkt bedienen und nur nach lokalen Standards arbeiten

Chinesische Zulieferer kann man z.B. direkt finden über Alibaba.com, MadeinChina.com, auf Matchmaking-Reisen oder Messen.

Der Besuch vor Ort

Für einen Besuch vor Ort bei einem Lieferanten in China sollte man sich am besten einen ganzen Tag Zeit nehmen. Mehr als zwei Besuche pro Tag sollten es definitiv nicht sein. In einem Meeting kann man sich zunächst über das Unternehmen und dessen kaufmännische Zahlen unterrichten lassen.

Man sollte aber auch direkt die Produktion besichtigen. Sind die Arbeiter geschult? Können Sie ihre Arbeit? Wie ist der Zustand der Maschinen? Werden Sie regelmäßig gewartet? Wird auf Arbeitssicherheit geachtet?

Nicht selten werfen deutsche Unternehmen bei einem China-Engagement ihre moralischen und ethischen Ansprüche über Bord. Geht jedoch ein Zulieferer schlecht mit seinen Mitarbeitern um, setzt Sicherheitsstandards mangelhaft oder gar nicht um und bemüht sich nicht um ein sauberes und geordnetes Produktionsumfeld, so ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass er auch so mit seinen Geschäftspartnern entsprechend umgeht.

Einen ethisch, moralisch, kaufmännisch und qualitativ richtigen Lieferanten zu finden ist gerade für Spezialprodukte sehr schwierig und benötigt viele Zeit und Geduld. Diese Investition von Geduld und Beharrlichkeit macht sich langfristig dann aber meistens bezahlt.

Chinesische Zulieferer sollten auch ihre Schwächen offen legen können und mit deutschen Kunden an Verbesserungen arbeiten wollen. Die Aussage „Alles kein Problem!“ hört man viel zu oft, doch am Ende wird nach den ersten guten Lieferungen nur noch mangelhafte Ware produziert. Bei einem ersten Besuch vor Ort sollte man direkte Kritik vermeiden. Lassen Sie ihrem chinesischen Gastgeber sein Gesicht, auch wenn sie mit einem Besuch sehr unzufrieden waren. Denn auch der „unhöfliche Deutsche“ spricht sich unter den chinesischen Lieferanten mit ihrem großen Netzwerk schnell herum. Man wahrt mit Diplomatie und Höflichkeit auch sein eigenes Gesicht ohne dass einem bei weiteren Kontakten vielleicht schon ein schlechter Ruf voraus eilt. Seinen eigenen Ruf in China zu schädigen ist um vieles einfacher als ihn wieder aufzubauen.

Wenn man z.B. Mängel bei einem Besuch feststellen, kann man höflich und neutral nachfragen, warum etwas so gemacht wird, wie man es gerade beobachtet. Am besten lässt man sich Muster und Prozesse zunächst erklären und tritt nicht gleich rechthaberisch und kritisierend auf. Wir Deutschen gelten in China nicht ohne Grund als arrogant und besserwisserisch. Fällt einem etwa auslaufendes Öl auf, so sollte man nicht auf die direkte deutsche Art sagen „Das ist aber dreckig hier!“. Man fragt z.B. besser „Wie sind denn Ihre Reinigungs- und Wartungszyklen?“ Der chinesische Gesprächspartner wird schon verstehen, was man eigentlich meint. Wird man sich schnell klar, dass ein chinesischer Betrieb auf Anhieb nicht in die engere Wahl kommen wird, kann man natürlich versuchen den Termin z.B. mit Verweis auf weitere dringende Termine vorzeitig zu einem Ende zu bringen.

Festigung der Geschäftsbeziehungen

Generell ist es wichtig, persönliche Beziehungen aufzubauen und sich viel Zeit zu nehmen für Lieferantenbesuche. Außer dem Business-Meeting und der Besichtigung der Produktion sollte man bei einem guten Verlauf auch ein Abendessen mit einplanen oder noch einen zusätzlichen Tag vor Ort zu verbringen. Eine Sightseeingtour mit dem General Manager des Lieferanten kann nicht nur die Beziehung und das Vertrauen erheblich stärken. Auch erhalten Sie bei dem in China so wichtigen informellen Austausch auch Informationen, die für Ihre Geschäftsentscheidungen durchaus von Bedeutung sein können.

Hat man eine erste Grundlage mit einem Besuch gelegt, sollten bei weiterem Aufbau der Lieferantenbeziehungen häufige Flüge für Besuche und ein reger Austausch per E-Mail und Telefon, sofern es bei letzterem die Sprachbarriere zulässt, selbstverständlich sein. Der Aufbau von Vertrauen braucht zwar Zeit, wird sich aber langfristig auch und besonders für den deutschen Kunden auszahlen.

Dass also alles ganz schnell geht in China und man quasi auf einer Welle mitschwimmt während die Beschaffung fast wie von selbst läuft ist also nicht der Realität entsprechend. Betreffend der Investition von Zeit für Kommunikation, Qualitätskontrolle, Besuche vor Ort und Beziehungsaufbau ist genau das Gegenteil der Fall.

Vermittler im eigenen Land

Doch die Herausforderungen der Beschaffung in China beziehen sich nicht nur auf China. Auch in Deutschland ist das Thema Beschaffung in China für einen Einkäufer oft ein Bereich mit viel Konfliktpotential. Das deutsche Mutterhaus erwartet genau die Schnelligkeit, die man sich für China vorstellt sowie die Rahmenbedingungen, wie man sie aus Deutschland für selbstverständlich hält. Um die eigenen Erkenntnisse und Erfahrungen für den erfolgreichen Lieferantenaufbau in China auch dem deutschen Mutterhaus zu vermitteln, kann man sich einiger Hilfen bedienen. Man kann etwa bei Lieferantenbesuchen in China möglichst genau die eigenen Aktivitäten dokumentieren. Ein ausführliches Protokoll zu jedem Besuch, inklusiv der informellen Teile, die für die „Durchleuchtung“ eines Lieferanten ja auch sehr wertvoll sind. Vervollständigen kann man eine Dokumentation mit Fotos oder auch Skizzen. Durch eine ausführliche Präsentation von Lieferantenbesuchen in China kann man im deutschen Mutterhaus leichter Verständnis und Unterstützung für die eigene Arbeit und den Zeitaufwand erreichen.

In der deutschen Heimat kann man des Weiteren auch die Wünsche des chinesischen Lieferanten und seine gegebenenfalls durchaus berechtigten Forderungen kommunizieren. Auch ohne sich zum Sprachrohr eines Lieferanten zu machen, kann man dennoch seine Position erklären und bewerten. Nur durch Wissen kann auch ein Verstehen beim deutschen Mutterhaus entstehen. Denn letztlich ist es bei Geschäftskontakten und dem Aufbau eines Lieferanten unausweichlich einen Mittelweg zu finden, welcher für beide Seiten gewinnbringend ist.

Aufbauend auf den eigenen Erfahrungen kann man auch einen maßgeschneiderten Prozess für den Zulieferaufbau in China entwerfen und den Verantwortlichen in Deutschland ausführlich präsentieren. Eine kontinuierliche Anpassung und Verbesserung einer solchen Matrix sollte selbstverständlich sein und ebenfalls kommuniziert werden. In der interkulturellen Kommunikation ist nicht nur das Verständnis des Ziellandes von Bedeutung. Man wird nicht selten selbst zum Vermittler zwischen der deutschen und chinesischen Geschäftskultur. Dies stellt letztlich eine Chance dar, um die eigene Arbeit als Einkäufer auf eine sichere Basis zu stellen und interne Widerstände so weit wie möglich zu verringern.

„Alles kein Problem“ trifft bei der Beschaffung in China weder auf die deutsche noch auf die chinesische Seite zu. Aber mit einer guten Vorbereitung, einer Anpassung der eigenen Erwartungen und einem chinagerechten Umgang mit den neuen Geschäftspartnern kann man wahrscheinlich sagen „viele Probleme habe ich vermieden und die restlichen konnte ich letztlich lösen“.