fbpx

Wieso soll eigentlich der wirtschaftliche Erfolg, für den man in Deutschland eine ganze Unternehmergeneration lang gebraucht hat, im Ausland in allerkürzester Zeit möglich sein?  Professor Peter Anterist, CEO der  weltweit agierenden  Treuhandgesellschaft InterGest, über fatale Irrtümer im Auslandsgeschäft. 

Herr A ist Spezialist für Wurstwaren und seine Fabrik im Herzen Deutschlands ist bekannt für guten Schinken. Schon in der zweiten Generation werden hier Spezialitäten hergestellt und in ganz Deutschland vertrieben.

Herr A fragt sich jedesmal, wenn er im Supermarkt einkauft, warum die importierten Waren hier so großen Erfolg haben und ob es ihm nicht auch gelingen könnte, seine Produkte im Ausland zu vertreiben.

Wenn die Italiener mit Parma-Schinken so erfolgreich sind, die Spanier ihren Serrano in jedes Kühlregal bekommen haben, warum dann nicht auch deutschen Schinken in London verkaufen? Herr A ruft seine Leute zusammen und präsentiert seine Idee, zukünftig in den britischen Markt zu investieren, da die „Engländer“ ja sowieso einen gewissen Nachholbedarf in Sachen Kulinaria haben. Die Mitarbeiter finden die Idee grundsätzlich gut und es wird einstimmig beschlossen, so schnell wie möglich tätig zu werden.

Schon am nächsten Tag geht es los. Es wird als erstes eine Marktstudie erstellt, um die Wettbewerbssituation zu bestimmen, eine Mannschaft fliegt nach London, um dort Testkäufe zu machen und die angebotenen Produkte zu verkosten. Außerdem macht man sich über die Logistik Gedanken, prüft die möglichen Margen und bringt die Verpackung auf den britischen Geschmack, kurz: Alles läuft super und steuert in Richtung Erfolg.

Herr A ist extrem motiviert. Er hat inzwischen seine eigene Vertriebsniederlassung geründet, damit seine Kunden nicht aus Deutschland importieren müssen und organisiert jetzt sogar mit Hilfe seines neu eingestellten englischen Mitarbeiters Verkostungen in den wichtigsten Supermärkten. Die Leute probieren, finden es lecker und die ersten Listungen sind so gut wie sicher.

Nun wird es allerdings etwas zäher und Herr A wird ungeduldig, als er von seinem englischen Mitarbeiter erklärt bekommt, dass z.B. Tesco erst in einem Jahr eine Listung vorsieht, weil jetzt erst mal das Weihnachtsgeschäft losgeht und andere Produkte, die schon bekannter sind, Vorrang haben. Der Businessplan des Herrn A sieht nun aber vor, dass der ROI nach spätestens 18 Monaten angeschlossen ist und daher sollten nach 6 -10 Monaten die Verkäufe im vollen Gange sein. Immerhin hat Booths die Waren schon die Regale gestellt, aber die Verkäufe sind doch eher schleppend.

Herr A schaut sich das noch 4 Wochen an und läßt dann die gesamte Vertriebsmannschaft inklusive dem in England tätigen Vertriebsmann kommen, um vor versammelten Mannschaft zu verkünden, dass er bei weiterem Misserfolg sein Engagement auf der Insel einzustellen gedenkt. Es könne doch nicht wahr sein, dass der Verkauf so schleppend sein, wahrscheinlich hätte man in London den Schuss nicht gehört und der Verkäufer sei ganz sicher völlig unfähig.

Alles Geschrei nützt aber nichts, der Umsatz steigt zwar, aber für Herrn A viel zu langsam. Er hat längst mit Groß-Britannien abgeschlossen, obwohl er es in den Teilen wie Wales und Schottland noch nicht einmal versucht hat. Die Vertriebsgesellschaft wird nach nur 18 Monaten liquidiert und Herr A verkauft nun wieder ausschließlich nach Deutschland.

Ein paar Zahlen sollten das Phänomen erklären:

[table id=4 /]

Es ist ein häufig zu sehendes Phänomen, dass Unternehmen ihre Internationalisierung schon nach kurzer Zeit wieder abbrechen, weil sie eine unrealistische Vorstellung darüber haben, in welcher Zeitspanne sich der Erfolg einzustellen hat. Dahinter verbirgt sich häufig der Glaube, dass die getane Arbeit im Heimatmarkt eine gewisse Ausstrahlung auf den Zielmarkt hat, was aber nicht der Fall ist.

Die Firma von Herrn A wurde von seinem Vater gegründet und war zunächst eine kleine Metzgerei, in der in traditioneller  Handarbeit hochwertige Schinkenspezialitäten produziert wurden. Vater A wusste, dass er auch das Potential hatte, im größeren Stil über Supermärkte zu verkaufen. Er bemühte sich daher früh, dort gelistet zu werden. Immerhin, 8 Jahre nach der Gründung seiner Handelsgesellschaft (die neben der Metzgerei aufgebaut wurde), war er in mehr als nur einem Supermarkt gelistet und damit im Handel etabliert.

Die Frage, die man Herrn A stellen sollte, ist die, warum er glaubt, dass er nach 18 Monaten Marktbearbeitung mit nur einem einzigen Vertriebsmitarbeiter im Ausland erfolgreich sein kann. Um es deutlich zu sagen: Die fremden Märkte warten nicht auf uns wie ein Junkie auf den neusten Stoff. Es gibt schon Schinken in England und Schokolade in Südafrika. In der heutigen Zeit, in der man fast alles überall kaufen kann, ist es nicht leichter geworden seine Produkte am Markt zu platzieren.Es ist schwieriger geworden. Meist sind die Produkte sogar so vergleichbar, dass der Erfolg von anderen Faktoren als der Produktqualität selbst entschieden wird.  Hier wird z.B. das Markenimage zum Erfolgsfaktor, aber dieses lässt sich nicht in 18 Monaten aufbauen.

Was immer Sie bisher in Ihrem Heimatmarkt getan haben, wenn sie nicht Apple oder BWM sind, können Sie davon ausgehen, dass sie diese Bemühungen bei einem Markteinstieg im Ausland wiederholen müssen.