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Es gibt den Mythos vom “Budget, das  auf den Bierdeckel passen muss”:  Professor Peter Anterist, CEO der  weltweit agierenden  Treuhandgesellschaft InterGest, hält mangelnde Planung – wie etwa die Unterschätzung versteckter Kosten – für einen der beliebtesten Holzwege im Auslandsgeschäft. 

Herr F ist Unternehmer von Kopf bis Fuß. In der 3. Generation Hersteller von Schweißgeräten und Zubehör für den Schiffbau hat er ein erfolgreiches Unternehmen, wenngleich er natürlich darunter zu leiden hat, dass die deutschen Werften durch die starke Konkurrenz in Asien mächtig unter Druck gekommen sind. Es gilt also vorzubeugen, da der Markt ständigen Veränderungen ausgesetzt ist.

Herr F beschießt daher seine Geräte dort anzubieten wo Schiffe jetzt und in Zukunft gebaut werden und zwar in Südkorea, da wo mit der Hyundai Heavy Industries Co, Ltd. die größte Werft der Welt entstanden ist.

Nun ist Süd Korea nicht um die Ecke, es sind immerhin 12 Stunden Flug bis nach Incheon und man sollte rechtzeitig buchen, da nur drei Maschinen pro Tag ab Frankfurt dort hin fliegen und die Flüge auch recht teuer sind. Überhaupt hat Herr F gehört, dass Süd Korea ein ziemlich teures Pflaster ist, was ihn aber nicht abschreckt.

Also erst mal da hin und nachschauen. Flug in der Business Class 4.000,-Euro, Hotel 300,-Euro ohne Frühstück und dann hat man noch nicht zu Abend gegessen. Herr F schluckt und zahlt. Er fliegt nach Incheon, schaut sich erst mal drei Tage alles an und fliegt dann weiter nach Ulsan.

Fest von der Idee gefesselt,  hier Geschäfte zu machen, gründet er mit Hilfe eines internationalen Dienstleisters eine Firma und mietet erst mal eine Wohnung für den deutschen Techniker, der dann dort als „Expat“ tätig werden soll. Ein Spezialist in Sachen Schweißen mit sehr guten vertrieblichen Kenntnissen.

Erste Produktpräsentationen sind sogar erfolgreich und der Plan wird in die Tat umgesetzt. Der Techniker erhält einen neuen Arbeitsvertrag mit Auslandszulage und zieht nun nach Ulsan, die Geräte werden den Süd-Koreanischen Erfordernissen angepasst, die ganze Maschinerie läuft an und die Kosten bekommen langsam eine bemerkenswerte Größe im Monatsbericht.

Herr F hat als Mittelständler natürlich keinen CFO, er bedient sich da wie schon sein Vorgänger die Auswertungen seiner Buchhaltung und schätzt so Pi-mal-Daumen ab, „was da alles so auf ihn zu kommt“. Herr F hat immer nur das Geld ausgegeben, was er auch verdient hat, er hat wenig Schulden bei der Bank und sein Cash-Flow hat bisher die Ausgaben bestimmt. Bisher…..

Nun zeigt sich innerhalb der nächsten 6 Monate, dass es vielleicht doch mal sinnvoll gewesen wäre sich vorher über eventuell anfallende Kosten Gedanken zu machen. Inzwischen musste der Techniker 8 mal hin und her fliegen (35.000 Euro), um Probleme mit den umgerüsteten Maschinen in den Griff zu bekommen, die Wohnung in Ulsan kostet auch 2.500 Euro pro Monat und das Gehalt für den Techniker ist mit 9.000,- Euro pro Monat sogar recht niedrig angesetzt.

Als nun nach 6 Monaten der Investition immer noch kein Auftrag zustande gekommen ist, weil die Geräte dort nicht so einfach einzusetzen sind und der Wettbewerb auch nicht nur zuschaut wie die deutschen Ingenieure hier versuchen in den Markt zu kommen, steht schließlich die Buchhaltung aus der zweiten Etage vor der Tür um mitzuteilen, dass man jetzt leider an die Reserven muss, da das Ganze aus dem Cashflow nicht mehr zu bezahlen sei. Inzwischen sind nämlich etwa 250.000 Euro Kosten in nur 6 Monaten aufgelaufen und ein Auftrag ist noch immer nicht in Sicht.

Herr F hat keine andere Wahl als zu seiner Hausbank zu gehen, um dort nach einer Finanzierung zu fragen. Das hätte er sich nie träumen lassen und es entspricht überhaupt nicht seiner Geschäftspolitik – einzig –  er hat keine andere Wahl.

Die Investition in neue Märkte und deren Erschließung kostet Geld, häufig viel Geld. Je weiter der Zielmarkt von der Heimat entfernt liegt, umso teurer wird es leider und jeder Unternehmer sollte sich das am Anfang einer solchen Investition bewusst machen. Natürlich ist es zu begrüßen, dass sich Unternehmer in fremde Märkte begeben, vor allem dann, wenn Ihnen zu Hause die Kundschaft ausstirbt und  die potentiellen Kunden weit weg anzutreffen sind. Aber: Wer über den Atlantik fliegen will, der sollte vorher seinen Flieger volltanken und sich das auch leisten können.

Am schlimmsten sind erfahrungsgemäß die versteckten Kosten, die, mit denen man nicht rechnet, die aber unausweichlich sind. Wer rechnet schon damit, dass der Techniker ständig nach Hause fliegen muss und zwar immer so kurzfristig, dass es nur noch teure Tickets in der C Klasse gibt? Überhaupt gibt es fast nichts teuereres als Expatriates, da diese neben ihrem normalen Gehalt so viele Zulagen bekommen, dass das schon richtig weh tun kann. Viele Unternehmen verzichten daher auf die „Expats“ und suchen sich vor Ort qualifizierte Mitarbeiter, die dann zur Ausbildung in die Muttergesellschaft geholt werden. Das ist mittelfristig gesehen sehr viel billiger und keineswegs weniger erfolgreich. Im Gegenteil, die Tatsache, dass man dann mit einem „Local“ am Markt ist, hat erhebliche vertriebliche Vorteile.

Es empfiehlt sich daher eine eher konservative Planung, die auch ein „worst case“ Scenario sowie eine Ausstiegsstrategie beinhalten. Es sollte auch – wenn möglich – erst einmal ausreichend Erfahrung in einem „einfachen Markt“ gemacht werden um Kennziffern für eine Markterschließung zu haben, hierauf wir unter Punkt 9 noch einmal dezidiert eingegangen. Wer schon einmal erfolgreich eine Vertriebsgesellschaft in London aufgebaut hat, der hat in der Regel wenigstens eine Vorstellung darüber was in Korea auf ihn zukommen kann.

Diese konservative Planung sollte im Übrigen immer angewendet werden, nicht nur bei der Erschließung fremder Märkte. Auch im Inland zeigt sich immer wieder, dass eine Planung ohne die Berücksichtigung von unvorhersehbaren (vielleicht aber waren sie ja doch vorhersehbar) Ereignissen ganze Brachen in den Ruin treibt. Jüngstes Beispiel in Europa ist die Solarenergie, vor allem davon betroffen die Hersteller von Solarpanelen. Hier hat eine ganze Branche ihr Geschäft auf Subventionen aufgebaut. Die Regierungen versprechen hohe Einspeisevergütungen, alles rennt in den Solarstrom und wenn kein Geld mehr für die Subventionen da ist, bricht die ganze Branche zusammen. Es ist schon ziemlich mutig ein ganzes Geschäftsmodell von den Subventionen der Politik abhängig zu machen und Unsummen in etwas zu investieren, was morgen durch einen Regierungswechsel verschwinden kann.

Und Herr F? Tja, dessen Bank stand für eine Finanzierung leider nicht zur Verfügung. Zu gewagt, keine Kostenkontrolle, mangelhafter Businessplan, unsicheres Ergebnis, um nur einige Argumente der Stadtsparkasse zu nennen.

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